Mit sich selbst verbunden

10. November 2025: Lisa Riederer hilft werdenden Müttern in Blessingway-Zeremonien, sich für die Geburt und den neuen Lebensabschnitt mental zu stärken. Über eine Feier, die das Muttersein ehrt.
Lisa Riederer In Ihrer Blessingway Zeremonie

Die Flammen der Duftkerzen spenden warmes Licht, während der Wind an der Fensterscheibe vorbei pfeift. Leichter Dampf steigt aus den Tassen. Lisa Riederer hat Tee gebrüht. „Sorte ‘Bald Mami’“, erklärt sie lächelnd. Sie weiß, was es heißt, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Die 33-Jährige nimmt Platz auf einem der mintgrünen Sitzsäcke, die in der Mitte des Raumes um einen runden Teppich verteilt liegen. Ihre braunen Augen strahlen, als sie dann beginnt, über das Zimmer zu sprechen. Der Raum ist einer der Orte, an dem Riederer werdende Mütter zu Blessingway-Zeremonien einlädt – eine intime Feier, bei der sich Schwangere mental auf die Geburt vorbereiten, Wünsche manifestieren und Ängsten begegnen, um gestärkt in den neuen Lebensabschnitt zu starten.

Unterschiedliche Geburten

Riederer ist selbst Mama – eines fünfjährigen Sohnes und einer zweijährigen Tochter – und hat zwei unterschiedliche Schwangerschaften erlebt. Genau deshalb veranstaltet sie seit Frühjahr dieses Jahres Blessingway-Zeremonien. Als Riederer das erste Mal schwanger wird, wütet die Corona-Pandemie. Vorbereitungsangebote sind rar. Riederer versucht, mit Podcasts und Meditationen Kraft für die Geburt zu sammeln. „Doch ich spürte immer wieder Restängste“, gibt sie offen zu. Sie entbindet auf natürlichem Weg im Krankenhaus. Die Geburt läuft ohne größere Komplikationen, das Baby ist gesund. Dennoch: Die Mutter fühlt sich nicht richtig wohl. „So viele fremde Menschen. Ich konnte nicht loslassen“, erzählt sie. „Das hat die Geburt nicht leichter gemacht.“

Als sie mit ihrer Tochter schwanger wird, beschließt sie, dass es diesmal anders laufen soll. Sie entscheidet sich, auf ihr Körpergefühl zu hören, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen – und so am Ende für eine Hausgeburt. „Mein Zuhause ist der Ort, an dem ich mich wohlfühle. Mein Mann war bei mir, meine Hebamme war bei mir – und plötzlich war ich bereit. So bereit, dass mir die Geburt am Ende zu schnell ging. Ich erinnere mich noch gut, dass ich spaßte: Jetzt könnte ich noch ein Kind bekommen. Zehn Monate lang habe ich mir meine Geburt ausgemalt. Am Ende war es genauso, wie ich es mir vorgestellt habe.“ Riederer meint damit nicht, dass die Geburt schmerzfrei oder wenig anstrengend war – sondern ihr mentales Wohlbefinden. „Ich war auf einer ganz anderen Ebene.“ Die werdende Mutter konnte sich auf sich konzentrieren – weil alles auf ihre Wünsche abgestimmt war.

Der Ablauf einer Zeremonie

„Klar, es war mein zweites Kind. Ich wusste, was auf mich zukommt“, sagt sie. Dennoch ist sie sich sicher: Nicht nur der Körper, sondern auch der Geist einer Frau spielt bei der Geburt eine Rolle. „Manches kann man nicht ändern. Auf Schicksale hat man keinen Einfluss.“ Selbstverständlich sei es nicht, am Ende entscheiden zu können, auf welche Weise eine Frau gebärt. Wichtig sei dennoch immer, dass Frauen während der Schwangerschaft, bei der Geburt und auch in der Zeit danach den Mut finden, für ihr Empfinden einzustehen, Ängste anzuerkennen, Wünsche zu äußern und selbstbestimmt ihren Weg zu gestalten.

„Die Mama ist immerhin eine Königin. Ihr Körper leistet Wunder“, sagt Riederer. Weil bei einer Schwangerschaft dennoch oft der Fokus auf dem Baby liegt, will Riederer Mütter in ihren Blessingway-Zeremonien daran erinnern, sich selbst zu feiern. Im Januar dieses Jahres entscheidet sie sich, eine Ausbildung zu Blessingway-Ritualen zu absolvieren. Im März ist sie Gastgeberin einer ersten Zeremonie.

Wie eine Blessingway-Zeremonie abläuft, ist nicht festgeschrieben. Die werdenden Mütter können individuell aus verschiedenen Ritualen auswählen – am besten nicht mehr als zwei, damit die Zeremonie besonders intensiv ist. Beliebt sind Meditationen oder das Philosophieren über Affirmationskarten. Auch handwerkliche Rituale stehen zur Auswahl: beispielsweise Blumenkränze binden, Gläser mit liebevollen Sprüchen für die Schwangere füllen oder Geburtskerzen bemalen.

LED-Kerzen dürfen mit in den Kreißsaal. „Und sie brennen niemals aus“, sagt Riederer. Aber auch mehrere Wachskerzen können bemalt und an Bezugspersonen verteilt werden. „Wenn die Geburt startet, kann ein Licht entzündet werden.“ Ein Zeichen der Verbundenheit. Auch über den Ort der Zeremonien können werdende Mütter entscheiden. Ob Zuhause, in der freien Natur oder bei Riederer – die 33-Jährige versucht, alles zu ermöglichen. „Ich will, dass sich die Schwangere wohlfühlt und öffnen kann. Für mich ist es eine Ehre, mit ihnen die Zeremonien zu feiern. Reich will ich damit nicht werden, sondern unterstützen – mit Herz und Seele.“ Deshalb spielt es für Riederer auch keine Rolle, wie häufig die Zeremonien stattfinden. Jede Frau ist es wert und eine genug.

Zeit für neue Ideen

Zur Zeremonie darf jede Frau ihre Liebsten mitbringen. Auch, wenn bislang oft Mütter, Schwestern, Omas oder Freundinnen die Schwangeren begleiten, sind auch Männer und Kinder willkommen. Eine maximale Personenanzahl gibt es nicht. Bislang sind die Zeremonien vor allem ein Geschenk. Selbst hat eine Schwangere noch nie einen Termin gebucht. „Ich glaube, es gibt oft Hemmung, sich selbst zu beschenken – aber sie hätten es sehr verdient“, findet Riederer. Seit die kleine Tochter der 33-Jährigen neuerdings in die Kita geht, bleibt der Mama wieder mehr Zeit für sich selbst. Diese will sie nutzen, um sich auf ihre Zeremonien zu konzentrieren – und neue Ideen auszuarbeiten.

Ihr schwebt vor, die Feierlichkeiten auch für Frauen anzubieten, die bereits geboren haben. Mit der Geburt verändert sich das gesamte Leben einer Frau, findet Riederer. „Mir war immer klar, ich werde nie wieder nur Lisa sein. Ich werde ab sofort auch immer Mama sein.“ Die Verantwortung ist riesig, Freiraum plötzlich ein Fremdwort. Nicht selten fallen Mamas in ein Loch. In Blessingway-Zeremonien sollen ihre Wunden heilen und Mütter Anerkennung für ihre Leistungen spüren. „Es ist nie zu spät, um das Mamasein zu verehren“, meint Riederer.

Leider haben wir keinen Alternativtext zu diesem Bild, aber wir arbeiten daran.