Bis zu 3000 Kriegsgefangene im Lager

17. Juni 2020: Im April 1945 wurde Chamerau von den Amerikanern besetzt
Bis zu 3000 Kriegsgefangene im Lager (6)

Bis zu 3000 Kriegsgefangene im Lager

 Chamerau. Mehr als einmal setzten Soldaten ihren Fuß auf das Territorium der ehemaligen Landherren des Bayerischen Waldes, das der Chamerauer Ritter. Vielfach taten sie es in nichtfriedlicher Absicht, kamen sie mit der Fackel des Krieges in Händen. Die schlechtesten Erinnerungen hinterließ die Soldateska der Schweden im Dreißigjährigen Krieg, die sengend und brennend durch das Dorf am Regen zog. Glücklicherweise vollzog sich der Machtwechsel am Ende des letzten Krieges ohne Schusswechsel, aber nicht unbemerkt.

 Chamerau hat den Zweiten Weltkrieg ohne Gebäudeschäden überlebt, obwohl die Lage des Ortes strategisch als Verkehrspunkt und mit einem Flussübergang nicht unbedeutend war. Spuren hinterließ der Krieg aber trotzdem. Im Dezember 1945 warteten Familien auf 89 Männer, die noch nicht heimgekehrt waren.

 Zwei Burschen erschossen

 Tödliche Verletzungen erlitt der 14-jährige Johann Weber aus Roßberg bei einem Maschinengewehrbeschuss durch US-Soldaten, als er mit seinem Bruder und einem weiteren Burschen in Miltach, vom unteren Stellwerk aus in den Wald lief. Während sein Bruder die Verletzungen überstand, starb der Dritte aus der Gruppe, ein Flüchtlingsjunge, drei Wochen später im Notlazarett in Miltach.

 In der Pfarrchronik wird berichtet: Im Herbst 1944 werden Teile von drei Kompanien in Chamerau stationiert, die die nachkommenden Kameraden aus Griechenland auffangen sollten, von denen es aber nur wenigen gelang, sich durchzuschlagen. „Im Frühjahr 1945 wurde im Schulhaus ein Lazarett eingerichtet. Es wurden 140 Verwundete in den vier Schulsälen untergebracht.

 Der Unterricht für die Schulkinder wurde im Tanzsaal des Gasthauses Baumgartner abgehalten, ein Kreuz im Saal nicht angebracht. Die Schulbänke aus den übrigen drei Klassenzimmern bewahrte man auf dem Dachboden der Pfründe- Scheune auf. Immer mehr Soldaten, die sich jetzt vermehrt vor den anrückenden Russen absetzen wollten, zogen durch das Dorf oder nächtigten dort.

 Die ersten Flüchtlingswellen

 Das Nahen der Front vom Weste her machte sich immer mehr bemerkbar. Die Leute gaben an Lebensmitteln, was sie geben konnten. Zum Glück für Chamerau schlug hier keine Einheit dauerndes Quartier auf. Dies hätte nämlich durchaus beim Einmarsch der Amerikaner Folgen haben können.

 Einquartierungen von Manöververbänden vermerkt Pfarrer Poiger in der Chronik: „Belegt wurde die Gesamtgemeinde mit einem Bataillonsstab und zwei Kompanien des 7. Infanterieregiments; ferner dem Feldartillerie-Regimentsstab, einem Abteilungsstab und drei Batteriendes 10. Feldartillerieregiments. Es waren dies wohl gegen 600 Mann. Im Pfarrhof waren einquartiert ein Oberst (Habersack), ein Major und ein Leutnant von der Artillerie und ein Hauptmann von der Infanterie, dazu 13 Gemeine und 23 Pferde.“

 Die Mannschaften, überwiegend fränkische Protestanten, haben sich gut aufgeführt; wenigstens ist eine Klage nicht laut geworden.

 Die ersten Flüchtlingswellen erreichten den Ort. Im Februar 1945 mussten 150 Flüchtlinge aus Schlesien einquartiert werden, wovon auch der Pfarrhof nicht ausgenommen wurde, wo sechs Personen untergebracht wurden.

 Die Amis kommen

 Bereits am 20. April 1945 überflogen US-Tiefflieger das Tal zwischen Kleinem Roßberg und Eierberg und beschossen dabei die Steffelmühle, weil auf der Durchgangsstraße deutsche Soldaten vorbeigingen, die sich auf dem Rückmarsch befanden. Vom 21. auf 22. April wurde die Steffelmühle von den Artilleriestellungen der Amerikaner von Haderstadl aus beschossen. In der Nacht vom 22. auf 23. April 1945 wollte Karl Franz, der Steffelmüllner Karl, nach dem nahegelegenen Dorf Meinzing gehen, kam aber gleich wieder zurück, weil bereits aus Bärndorf die US-Truppen auf die Steffelmühle zu kamen.

 Am 23. April, gegen Abend, näherten sich etwa 30 Panzer und Kampfwagen der Amerikaner Chamerau, sie fuhren aber nicht in die Ortschaft, außer einem Spähwagen, der an der Brücke haltmachte, sondern auf der damaligen „Ostmarkstraße“ weiter Richtung Miltach.

 24. April: Gegen Mittag wird der Ort besetzt. Eine Unmenge Autos und Kampfwagen waren auf der Straße. Häuser wurden nach Soldaten durchsucht. Da Bürgermeister Herrnberger nicht anwesend war, wurde auf Vorschlag des Pfarrers Josef Schönberger, Schreiner, zunächst als Bürgermeister aufgestellt. Nach Bekanntgabe der Vorschriften über Ausgangszeiten und Ablieferung der Waffen rückten die Amerikaner wieder ab.

 24. April: Nachmittags kam wieder eine amerikanische Einheit und bezog Quartiere, im Pfarrhof logierten 16 Offiziere, die aber am Tag danach wieder abzogen.

 Ein toter Flieger

 Am gleichen Tag richtete die Sicherheitspolizei die Pfarrgebäude als Gefangenenlager ein. 14 Tage lang befanden sich oft bis zu 3000 Gefangene in den Gebäuden und im Pfarrhofgeviert. Sie wurden hier ein bis vier Tage festgehalten, während der ersten drei Tage ohne Essen.

 Nach der Auflösung des Lagers lagen neben der Scheune Tausende von Leibriemen, Hunderte von Taschenmessern, Scheren, Taschenlampen usw. Kinder und Erwachsene holten sich davon, was sie wollten. Dafür mussten sie wieder in Scheune und Hof und Garten Ordnung schaffen helfen.

 Es sah nach dem Abzug schrecklich aus. Sieben Obstbäume waren umgefahren worden. Der Pfarrer wohnte während 17 Tagen bei Maria Bock, die in dieser Zeit bei ihren Eltern (Ludwig Kappenberger) blieb.

 26. April: In der Nacht von 24 bis 1.30 Uhr wurde vom Tal und von Roßberg aus heftig nach Lederdorn, Haidstein und Blaibach geschossen, wo man versteckte Soldaten vermutete. In der Frühe dieses Tages kreisten fünf deutsche Aufklärer über dem Tal, die heftig beschossen wurden. Zwei Flugzeuge stürzten ab, eines bei Haderstadl, das andere bei Wölsting.

 Der Flieger, der bei Wölsting den Tod fand, wurde auf dem Friedhof in Chamerau beerdigt. In der Eile wurde versäumt, die Personalien festzustellen. Der Tote wurde auf der Wiese in den Sarg gelegt. Die Amerikaner drängten, ihn schnell ins Auto zu bringen, das um 9.45 Uhr am kleinen Friedhof ankam. Da nur bis 22 Uhr Ausgangszeit war, musste der Flieger schnell beerdigt werden. Vorher hatte schon eine heilige Messe für ihn stattgefunden.“

 Die amerikanische Besatzung hielt noch sehr lange das Bahnhofsgebäude besetzt und wohnte in Zelten und Häusern. Mitte Juni zog sie ab. Die längste Zeit blieben Soldaten im Schulhaus zur Bewachung des Lazaretts zurück, zuletzt noch ein verstärkter Posten von drei bis fünf Mann am Dorfeingang bei Vitus Wanninger. Dort war ein Zelt aufgeschlagen. An der Kreuzung daneben stand ein weiß-blau bemaltes Schilderhaus.

 Als am 8. Mai 1945 die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60 Millionen Menschen tot. Mehr als sechs Millionen europäische Juden wurden ermordet. Tausende Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, politisch Andersdenkende und Homosexuelle wurden verfolgt und getötet. 17 Millionen Menschen waren verschollen. Weite Teile Europas waren zerstört.

 Die Krieger-Heimkehrerfeier

 Am 30. Dezember 1945 wurde in Chamerau zu einer Krieger-Heimkehrerfeier eingeladen. 116 Kriegsteilnehmerwaren gekommen, 89 Männer aus der Gemeinde aber fehlten noch zu dieser Zeit. Weißgekleidete Mädchen und die Ministranten trugen Gedichte vor. Der Chor sang nach der Predigt das von Pfarrer Huber verfasste und von Georg Schächtl vertonte Heimkehrerlied. Für die Heimkehrer waren die vorderen Kirchenstühle reserviert.

 

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