Der alte "Grenzstoa"

10. August 2020: Bei Chamerau markierte einst ein Steinkreuz die Grenze von Niederbayern zur Oberpfalz
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 Chamerau. Alte Grenzsteine am Wegesrand – jeder hat sie schon gesehen. Aber welche Grenzen markierten sie einst? Welche Bedeutung hatten sie? Diese viele Jahrhunderte alten Zeitzeugen sind in jedem Fall die sichtbaren Spuren der Vergangenheit und unserer Geschichte. Grenzsteine dienten zunächst dazu, geheiligte Friedensbereiche zu markieren. Diese Tradition der Kennzeichnung einer Grenze breitete sich in ganz Europa aus. Wenn eine Grenze einen bestimmten Rechtsbereich umschloss, wurde sie durch Grenzsteine sichtbar gemacht.

 Rechtlich verbindlich

 Die Steine, die als rechtlich verbindlich galten, standen unter einem besonderen Schutz. Dieser Schutz findet schon in frühen Volksrechten und auch in den mittelalterlichen Rechtssammlungen Erwähnung. Die frühen Grenzsteine setzten sich zunächst aus einem Hauptstein und kleineren Nebensteinen, den „Zeugen“, zusammen. Die „Zeugen“ hatten die Aufgabe, den Stein als bewusst gesetzten Grenzstein zu kennzeichnen. Sie wurden zu Anfang noch auf den beiden abzutrennenden Grundstücken errichtet, später wurden sie in Grenzrichtung gesetzt. Oft wurden unter den Hauptstein noch Gegenstände platziert, welche die Echtheit des Steins garantieren sollten.

 Steine als Grenzmarkierung

 Im 13. Jahrhundert begann man, Steine roh zu bearbeiten und als Grenzmarkierung einzubringen. Diese Steine wurden meist in eine längliche Form gebracht. Die Abgrenzung der Hochgerichtsbezirke bewirkte schließlich, dass sich der Grenzstein als Grenzmarkierung durchgesetzt hat. Ein weiterer Faktor war das Interesse der Landbevölkerung, die Straßen und Allmenden deutlich zu markieren. Private und gemeinsame Nutzungsrechte sollten so voneinander getrennt werden und gleichzeitig vor Übergriffen geschützt werden.

 Weiterhin sollten die verschiedenen Gemeindegebiete voneinander abgegrenzt werden, was durch Bevölkerungswachstum, Städtegründungen und den Städteausbau bestärkt wurde. Im 14. und 15. Jahrhundert hielt der Grenzstein auch in die Abgrenzung von Hoheits- und Rechtsgrenzen Einzug. Nach der „Gränitz Beschreibung 1571“ verlief die Grenze bei Wallmering damals
im Wesentlichen wie heute, was auch aus den Landkarten von Weinerus aus dem Jahre 1579, die nach Apian von 1568 angefertigt wurde, wie auch auf dem 1671 umgearbeiteten Blatt von G. Ph. Finckh ersichtlich ist. Das Steinkreuz wird allerdings in der genannten Urkunde, die sonst Grenzsteine verzeichnet, nicht erwähnt. Deshalb möchte man annehmen, dass es erst in jüngerer Zeit an die Grenze gesetzt wurde.

 Auch an Grundstücksgrenzen wurden vermehrt Grenzsteine gesetzt. Ab dem 16. Jahrhundert kommt der Grenzstein in wirtschaftlich entwickelten Gebieten an jeglicher Art von Grenze zum Einsatz.

 Ergänzung für Grenzbaum

 Zu dieser Zeit wird auch der Grenzbaum durch den Grenzstein ergänzt. In dicht besiedelten Räumen verdrängte der Grenzstein Mauern, Hecken oder Zäune, welche zuvor die Grenzen sichtbar machten. Auch nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden Grenzen erneut mit Grenzsteinen versehen. Diese Art der Grenzmarkierung überdauert bis in die heutige Zeit.

 Das Schwedenkreuz

 Der „Grenzstoa“, auch Schwedenkreuz genannt in Chamerau, dessen Alter niemand kennt, stand einst neben der Bundesstraße 85 zwischen Wölsting und Chamerau an der Abzweigung des „Chamerauer Weges“ nach Wallmering. Genau gesagt, handelt es sich um Punkt378,8, unmittelbar an der Kreisgrenze Kötzting-Cham, die zugleich die Grenze der Regierungsbezirke der Oberpfalz und von Niederbayern war. Die Stelle liegt in der Haderstadler Ortsflur Wallmering, mit Flurnamen „Kreuzacker“. Später erhielt der Stein einen Platz bei der Schule.

 Bürgermeister Stefan Baumgartner ließ den steinernen Zeugen aus alter Vorzeit durch den Bauhof an seinen nahezu ursprünglichen Platz zurückversetzen. Es steht jetzt beim Kreisverkehr an der B85, auf bepflastertem und bekiestem Untergrund, beiderseits mit Buchsbäumchen eingesäumt.

 Ungleich lange Arme

 Der Stein ist ein schmuckloses Kreuz, ohne Inschrift und ohne Jahreszahl und besteht aus hellgrauem Granit. Seine Arme sind ungleich lang. Ob dies ursprünglich schon so war oder ob sie abgeschlagen wurden, ist heute nicht mehr feststellbar.